Übersicht
Der Workshop widmet sich einer Problematik, von der die gegenwärtige sozial- und geisteswissenschaftliche Forschung in besonderem Maße betroffen ist: Die Reichweite und Legitimation vermeintlich allgemeingültiger Begriffe und Konzepte, mit denen der jeweilige Gegenstandsbereich traditionellerweise erfasst und benannt wird, ist fragwürdig geworden. Begriffe wie „die Gesellschaft“, „die Kultur“, „die Religion“, „der Mensch“, aber auch „die Moderne“ und „die Globalisierung“ werden als essentialistisch, homogenisierend, exkludierend, eurozentrisch kritisiert und scheinen ihre selbstverständliche Geltung als objektive Beschreibungs-größen verloren zu haben. Man mag dieser Kritik im Einzelnen folgen oder nicht, jedenfalls hebt sie mit der Parteilichkeit von Begriffen zugleich ihre formierende Kraft hervor. Dennoch erweist es sich für die Standortbestimmung gegenwärtiger Reflexion als unerlässlich, weiterhin in irgendeiner Weise auf solche sozio-kulturellen Formationen Bezug zu nehmen. Auch die Kritik an hegemonialen Wissens- oder Wirtschaftsordnungen muss auf umfassendere Formationsbegriffe wie etwa „Moderne“, „Kapitalismus“ etc. zurückgreifen. Wie aber lässt sich der Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung einer fragmentierten Gegenwart einerseits und einer Delegitimierung universeller Geltungsansprüche andererseits genauer fassen? Auf welche Weise wären gängige Begriffe und Konzepte zu transformieren, um unterschiedliche Wissenssysteme, Vernunftkonzepte und Weltwahrnehmungen auch übergreifend analysieren und benennen zu können? Angesichts der global agierenden Informationsnetzwerke, ökonomischen Verflechtungen und politischen Einflussnahmen steigt der Bedarf an theoretischen Konzeptionen, die im Bewusstsein der Relativität der eigenen Geltungsansprüche gleichwohl eine kritische Analyse der immer komplexer werdenden Probleme einer globalisierten Welt fördern können.
Der Workshop findet im Rahmen des mitteldeutschen Universitätsverbundes „Forum for the Study of the Global Condition“ statt. Er dient in erster Linie dazu, die Reichweite und Grenzen von Formationsbegriffen auszuloten und sich gemeinsam ein Bild davon zu machen, wie sich die unterschiedlichen Disziplinen mit dem skizzierten Problem – der Diagnose einer fragmentierten Gegenwart und der Notwendigkeit von sozio-kulturellen Formationsbegriffen zu deren Beschreibung – auseinandersetzen. Angestrebt wird die Entwicklung einer gemeinsamen DFG-Forschergruppe zu diesem Thema. Gerahmt wird der Workshop durch begleitende Referate von Prof. Dr. Elísio Macamo (Universität Basel) und Prof. Dr. Wolfgang Knöbl (Hamburger Institut für Sozialforschung).
Eine nachträgliche Anmeldung ist nicht mehr möglich.
Konzeption
- Dr. Rose Marie Beck (Afrika Studien, Universität Leipzig)
- Dr. Christoph Demmerling (Philosophie, FSU Jena)
- PD Dr. Bettina Hollstein (Max-Weber-Kolleg, Universität Erfurt)
- Dr. Patrick Primavesi (Theaterwissenschaft, Universität Leipzig)
- Dr. Dirk Quadflieg (Kulturwissenschaften, Universität Leipzig)
- Dr. Hartmut Rosa (Max-Weber-Kolleg, Universität Erfurt; Soziologie, FSU Jena)